BQN-Berlin

„Türen gemeinsam öffnen – das PartMigG verstehen und umsetzen": Die migrationsgesellschaftliche Kompetenz als elementarer Aspekt

Vor anderthalb Jahren wurde das neue “Gesetz zur Förderung der Partizipation in der Migrationsgesellschaft des Landes Berlin” (PartMigG) im Berliner Abgeordnetenhaus verabschiedet – mit dem Ziel, in der Personalarbeit des Öffentlichen Dienstes die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Migrationsgeschichte zu fördern und durchzusetzen. Doch was wird nun in der Praxis von den Berliner Behörden und Landesbetrieben erwartet?

Dies wurde in der Veranstaltung „Türen gemeinsam öffnen – das PartMigG verstehen und umsetzen", thematisiert, die im Rahmen der diversitätsorientierten Organisationsentwicklung des BQN-Projektes Berlin braucht dich! umgesetzt wurde, thematisiert. Der digitale Austausch war offen für alle Organisationen und Behörden, die das PartMigG betrifft und/oder thematisch Interessierte. Kathleen Jäger führte in die Grundlagen ein und beantwortete zugleich Fragen aus dem Podium. Sie ist Referentin aus dem Büro der Beauftragten des Senats von Berlin für Integration und Migration, die für den Gesetzesentwurf des PartMigG verantwortlich war.

Grundsätzlich ist das wichtigste Ziel des PartMigGs die Ausrichtung des Öffentlichen Dienstes auf die Migrationsgesellschaft: Dazu gehört, die Beschäftigung von Personen mit Migrationshintergrund gemäß ihrem Anteil an der Berliner Bevölkerung im Öffentlichen Dienst des Landes Berlin gezielt zu fördern und darüber hinaus Partizipation fördernde Strukturen zu sichern und weiterzuentwickeln sowie Menschen mit Migrationsgeschichte und ihre zivilgesellschaftlichen Organisationen zu fördern, einzubinden und zu unterstützen.

Da das Gesetz an manchen Stellen von Menschen mit Migrationsgeschichte, an anderen aber auch von einem sogenannten Migrationshintergrund spricht, sei es wichtig, diese Begriffe im Vorfeld genauer zu bestimmen, wie Kathleen Jäger ausführt. Ein Migrationshintergrund könne fest definiert werden: Einer Person wird ein Migrationshintergrund zugeschrieben, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch Geburt besitzt. Der Begriff der Migrationsgeschichte sei weitergefasst – „und auch fortschrittlicher“ – in seinem Verständnis: Er kann Personen mit „Migrationshintergrund“ und Personen, die Rassismuserfahrungen machen, umfassen sowie Menschen, denen aufgrund phänotypischer Merkmale wie Sprache, Namen, Herkunft, Nationalität und Religion ein Migrationshintergrund zugeschrieben wird.

„Bei der Auslegung des PartMigGs müssen Sie darauf achten, in welcher Vorschrift Sie sich bewegen: Wen sollen Sie fördern? Wann müssen Sie es eng sehen und an welchen Stellen können sie es weiter definieren“, erläutert Kathleen Jäger. Warum im PartMigG manchmal die enge und manchmal die weite Definition benutzt würde? Dies sei „ein politischer Kompromiss“: An den Stellen, wo es um Messbarkeit geht, wird der Begriff des Migrationshintergrundes benutzt, da er bereits eine statistische Größe ist, auf die sich bezogen werden kann – wie zum Beispiel im Bereich Personalförderung. Hier kann über die Entwicklung der Anzahl der Beschäftigten mit Migrationshintergrund Rechenschaft abgelegt werden.

Ein elementarer Aspekt der Umsetzung des PartMigGs ist die Stärkung der „migrationsgesellschaftlichen Kompetenz“. Dieser Begriff wurde im PartMigG als eigenständige Kompetenz eingeführt und wird gleichberechtigt zur Diversity-Kompetenz verstanden. Das Gesetz fordert einen Erwerb dieser Kompetenz über Fort- und Weiterbildungen. Die migrationsgesellschaftliche Kompetenz ist außerdem in der Personalarbeit bei der Beurteilung von Mitarbeitenden zu berücksichtigen. Führungskräften würde dabei eine besondere Verantwortung zukommen. „Letztendlich ist dies ein Teil der Professionalität und Verantwortung gegenüber Menschen im Öffentlichen Dienst und Verwaltungen. Dazu gehört auch das Selbstverständnis: ‚Ohne diese Kompetenz kann ich meinen Job eigentlich nicht gut ausführen‘“, führt Kathleen Jäger aus. Es ginge im Rahmen dieses Kompetenzerwerbs um das Dreieck „Wissen – Haltung – Können“.

Die Förderung der Beschäftigung von Personen mit Migrationshintergrund erstreckt sich über verschiedene Bereiche der Personalarbeit im Öffentlichen Dienst: Für die Personalplanung soll – nach individueller Einwilligung – der Migrationshintergrund von Bewerbenden und Beschäftigten erfasst werden. Stellenausschreibungen sollen Personen mit eigener oder familiärer Migrations- oder Fluchtgeschichte besonders aufrufen, sich zu bewerben. Zu Auswahlgesprächen sollen mindestens so viele Bewerbende mit Migrationshintergrund eingeladen werden, wie ihr Anteil an Bevölkerung ist. Bei gleichwertiger Qualifikation sollen Personen mit Migrationshintergrund besonders berücksichtigt werden. Ausbildungsplätze sollten verstärkt von Personen mit Migrationshintergrund – auch hier mindestens entsprechend dem Bevölkerungsanteil – besetzt werden. Dies ist nur ein unvollständiger Ausschnitt aus den Maßnahmen, die sich aus dem PartMigG ableiten.

Das PartMigG versteht sich grundsätzlich als ein Fördergesetz zur Durchsetzung eines Nachteilsausgleich für Menschen mit Migrationsgeschichte. In der Praxis muss dieses Gesetz im Zusammenspiel mit dem Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG), dem Landesgleichstellungsgesetz, dem Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen und dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verstanden werden. Daraus können sich sogenannte Positive Maßnahmen ableiten, die bestehende Nachteile verhindern oder ausgleichen sollen – wie zum Beispiel bei Einstellungsverfahren: „Wenn Sie am Ende eines Bewerbungsprozesses zwei Personen haben, die gleich gut qualifiziert sind, dann dürfen Sie die Person mit Migrationshintergrund besonders berücksichtigen.“ Dies würde auch über den § 5 des AGG legitimiert.

So wie es eine engere und weitere Definition der Begriffe Migrationshintergrund und Migrationsgeschichte gibt, sind manche Handlungsfelder im Gesetz bereits definiert (oder werden es in Zukunft sein), die Umsetzung anderer Bereiche darf freier ausgelegt werden: Hier gibt die Gesetzgeberin zwar Orientierung, doch die jeweilige Ausgestaltung liegt in der Verantwortung der einzelnen Organisationen selbst. Darunter fällt zum Beispiel die Übersetzung der migrationsgesellschaftlichen Kompetenz in die eigenen Strukturen.

„Es werden sich umfassend Gedanken gemacht, wie die Vermittlung dieses Wissens passieren kann – über Öffentlichkeitsarbeit, Social Media, Rundbriefe sowie Informations-Veranstaltungen für Mitarbeitende“, erklärt Kathleen Jäger. Auch das BQN-Projekt „Berlin braucht dich! Diversität verankert: Systemisch – Vernetzt“ vermittelt Kompetenz für die Umsetzung des Teilhabegesetzes: Im Rahmen einer Prozessbegleitung können verschiedene Berliner Behörden und Landesbetriebe einen Bereich ihrer Wahl im Kontext Nachwuchskräftesicherung, Personalgewinnung und -entwicklung vor dem Hintergrund des PartMigG analysieren und ausbauen – aktuell sind das die BVG, das Bezirksamt Mitte, das Bezirksamt Reinickendorf, das Pestalozzi-Fröbel-Haus und die Stadtbibliothek Tempelhof-Schöneberg.  Außerdem werden regelmäßig Netzwerkveranstaltungen und bedarfsgerechte Formate wie zum Beispiel Fortbildungen für Berliner Behörden und Landesbetriebe angeboten.

Das Projekt „Berlin braucht dich! Diversität verankert: Systemisch – Vernetzt“ wird durch die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales aus Mitteln der Europäischen Union (Europäischer Sozialfonds) und des Landes Berlin gefördert.

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